Wer regelmäßig bei der BRB mitfährt, kennt manche Kundenbetreuerinnen und -betreuer persönlich und hält vielleicht auch ab und zu ein Schwätzchen mit ihnen. Wer seltener fährt, erkennt sie auf jeden Fall an der Dienstkleidung. Acht Wochen dauert die Ausbildung, mit intensivem Pauken und Praxisvermittlung. Danach kennen sich die Frauen und Männer gut aus: Fahrgastrechte, ihre eigenen Rechte auf dem Zug, Tarife und Bestimmungen, Liniennummern und nicht zuletzt die Vorgaben der BEG, die wir als Eisenbahnverkehrsunternehmen erfüllen müssen und die auch von der BEG genauestens geprüft werden. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft, kurz BEG, plant, finanziert und kontrolliert den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr.
Wir nennen unsere Kundenbetreuenden intern KB, weil wir Abkürzungen lieben. Wer schon länger KB ist, muss einmal jährlich zum RFU, dem Regelmäßigen Fortbildungsunterricht. Susann Grabley ist eine von drei Teamleitungen KB, zuständig für unsere Netze Chiemgau-Inntal und Berchtesgaden-Ruhpolding. Sie berichtet über den RFU und einiges mehr rund um die Arbeit der KB.
Was sind die Inhalte des Regelmäßigen Fortbildungsunterrichts?
Susann Grabley: Einen Tag lang geht es um Unfallverhütungsvorschriften, Kassenrichtlinien und die betriebliche Unterweisung. Eine Besonderheit ist die Steilstreckenbegleitung im Netz Berchtesgaden-Ruhpolding zwischen den Haltepunkten Bad Reichenhall-Kirchberg und Bischofswiesen, betrieblich korrekt wäre bis Hallthurm-Betriebsbahnhof. Eine Steilstrecke im Eisenbahnverkehr ist etwas Besonderes, muss nach der Steilstreckenvorschrift befahren werden. Die Fahrzeuge brauchen eine extra Zulassung für solche Steilstrecken. Ein KB ist auf solchen Streckenabschnitten immer mit an Bord und hat dafür eine eigene Schulung bekommen, genauso wie die Triebfahrzeugführenden.
Frage: Kommen auch Themen aus dem „Tagesgeschäft“ im RFU zur Sprache? Auch aus Anfragen oder Beschwerden von Fahrgästen?
Susann Grabley: Natürlich, wenn ich von Kolleginnen und Kollegen die Info bekomme, dass Fahrgäste sich gehäuft über etwas beschweren, dann gehen wir dem nach. Wir nehmen solche Dinge dann in den RFU auf oder schulen auch, falls nötig, einzelne KB nach. Der gemeinsame Unterricht in kleinen Gruppen dient darüber hinaus zum praktischen Austausch. Man kann sich untereinander fragen, wie die Kolleginnen und Kollegen bestimmte Situationen einschätzen, wie sie sich verhalten und schon gehen die Tipps hin und her. Denn die KB sehen sich untereinander nicht oft.
Frage: Apropos aushalten, was ist zu Oktoberfestzeiten oder wenn der Christkindlmarkt in Salzburg zahlreiche Besucher lockt?
Susann Grabley: Als KB muss man damit umgehen können. Ich halte nichts davon, abends, wenn die alkoholisierten Fahrgäste heimfahren, nur Männer in die Schichten einzuteilen. Aber das sind schon sehr anstrengende Zeiten für uns.
Frage: Im Tarifsystem kennen sich alle gut aus, auch wenn es Neuerungen gibt, wie kürzlich zum Beispiel die MVV-Erweiterung? Da gab es doch sicher einige Fragen?
Susann Grabley: Unsere KB sind stets auf dem neuesten Stand. Alle Informationen werden per Mail und im Intranet zur Verfügung gestellt. Und natürlich bin auch ich immer bei Fragen da.
Frage: Unterricht klingt nach Schule. Muss auch ein Test geschrieben werden?
Susann Grabley: Ja, so ist es, es gibt eine Lernerfolgskontrolle. In diesem Jahr ist auch die MVV-Erweiterung im Test enthalten. Dann merke ich schon, ob „meine“ Kundenbetreuenden sattelfest sind und jeder KB sollte nach der Auswertung des Ergebnisses in die Selbstbewertung gehen, wo er Lernfelder auch nach dem RFU noch zu schließen hat.
Frage: Wer sich intensiver mit Eisenbahn beschäftigt, landet schnell bei der BEG, die die bayerischen Eisenbahnverkehrsunternehmen testet. Fallen die Tests schlecht aus, steht man im Ranking weit unten und muss im schlimmsten Fall auch Pönale zahlen. Ein Grund mehr, die Mitarbeitenden zu schulen?
Susann Grabley: Auf jeden Fall. Freilich steht der Fahrgast im Mittelpunkt unserer Arbeit. Wir wollen ihn sicher, pünktlich und mit Freundlichkeit ans Ziel bringen. Aber natürlich achten wir auch darauf, die strengen Vorgaben der BEG möglichst genau einzuhalten. Es gibt eine Fülle von Bewertungen der BEG. An jeder Haltestelle steigt der oder die KB kurz aus und kontrolliert, ob noch jemand zusteigen will. Die Fahrscheine müssen in einem gewissen Rhythmus kontrolliert werden, jeder einzelne Fahrgast sollte aber nur einmal auf seiner Fahrt vom gleichen Kundenbetreuenden kontrolliert werden. Die KB müssen Durchsagen machen und selbst da ist vorgegeben, was inhaltlich zu sagen ist.
Freilich steht der Fahrgast im Mittelpunkt unserer Arbeit. Wir wollen ihn sicher, pünktlich und mit Freundlichkeit ans Ziel bringen. Aber natürlich achten wir auch darauf, die strengen Vorgaben der BEG möglichst genau einzuhalten. Es gibt eine Fülle von Bewertungen der BEG.
Frage: Das Zusammenspiel zwischen Triebfahrzeugführenden, Kundenbetreuenden und der Betriebsleitzentrale ist entscheidend, damit der Zugverkehr reibungslos funktionieren kann. Keine Diskussionen, jeder kennt seine Aufgaben, so sollte es wohl sein, oder?
Susann Grabley: Genau. Und um das auch sicherzustellen, frage ich vor dem Regelmäßigen Fortbildungsunterricht auch in der Betriebsleitzentrale und bei den Teamleitungen der Triebfahrzeugführenden nach, ob Themen angesprochen werden sollen, weil es irgendwo hakt. Wenn alle ihre Aufgaben kennen, die Vorgaben erfüllen und zum Wohle des Fahrgastes handeln, dann haben wir schon eine Menge gewonnen.
Frage: Gibt es auch Rollenspiele?
Susann Grabley: Ja, die gibt es und unsere KB schlüpfen sehr glaubhaft in die Rolle eines Fahrgastes. Sie erleben tagtäglich besondere Situationen und so kann geübt werden, wie man sich richtig verhält, was deeskalierend wirkt, die Position des KB aber auch nicht untergräbt. Ruhig, kompetent und lösungsorientiert, so sollten die Rollenspiele auf Seiten der KB ablaufen. Es ist oft eine Gratwanderung und erfahrene Mitarbeitende tun sich manchmal leichter als neue, die vielleicht noch etwas unsicher sind. Frauen sind meist diplomatischer, aber grundsätzlich sind die Unterschiede bei unseren weiblichen und männlichen KB gering. Eines gebe ich allen als Rat mit auf den Weg: Nur Contra geben, sich in jede Diskussion stürzen, davon rate ich meinen Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuern ab. Acht Stunden Zank und Streit im Zug, das hält kein Mensch aus.
Frage: Kommen wir noch zum Stichwort Kulanz. Das wird ja gerne in den Mund genommen, wenn der Fahrgast für eine – aus seiner Sicht – Bagatelle, mit einem „Erhöhten Beförderungsentgelt“ von 60 Euro bezahlen muss. Gibt es Kulanz überhaupt?
Susann Grabley: Eindeutig ja, aber nicht immer und nicht überall und nicht bei jedem. Kulanz setzt voraus, dass es sich um einen Einzelfall oder ein Versehen handelt. Das einzugrenzen ist nicht leicht. Ein Fahrgast, der zum wiederholten Male auffällt, kann sicher nicht mit Kulanz rechnen. Die Tarifbestimmungen sind einzuhalten, und zwar von beiden Seiten, vom Fahrgast und vom KB. Viele unserer Kundenbetreuenden sind ausgesprochen freundliche Menschen, aber auch deren Geduld ist irgendwann zu Ende. Man darf nicht vergessen, dass wir die Fahrgasteinnahmen auch brauchen und dass der Fahrgast, der sich einen Fahrschein kauft, nicht der Dumme sein darf, um es etwas flapsig auszudrücken.
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